Der Fokus der diesjährigen Buchmesse in Göteborg wurde auf Afrika gerichtet, was bedeutet, dass nicht ein Land, sondern ein ganzer Kontinent zum Thema der Messe wurde, ein Kontinent auf dem man mehr Unterschiede findet als in allen anderen Kontinenten dieser Welt. Dies forderte einige Kritiker der Messe heraus, was sicher seine Berechtigung hat, aber gerade in Europa betrachten viele Afrika mehr als Land als als Kontinent und Länder wie Nigeria oder Burkina Faso würden mit Sicherheit auch ein weitaus geringeres Publikum anziehen als das Thema Afrika.
Für die wirklich an Afrika interessierten Besucher stellen sich jedoch mehrere ganz andere Fragen, denn zum einen schreiben fast sämtliche Autoren Afrikas ihre Werke in Englisch, einer Sprache, die die Mehrheit der Bevölkerung der entsprechenden Länder selbst nicht versteht und daher Literatur zu einem Medium macht, das nach außen gerichtet ist, nicht aber an die eigenen Völker, die oft auch des Lesens unkundig sind. Hat aber Afrikas Literatur eine langfristige Zukunft in den eigenen Ländern, wenn sie für Interessenten außerhalb des Landes bestimmt ist oder kann dies auch als erster Schritt nach Innen gedacht sein?
Und die nächste Frage, die sich stellt, ist jene, ob man auch von afrikanischer Literatur sprechen kann, wenn sie nicht nur in Englisch geschrieben ist, sondern auch von gebürtigen Afrikanern, die in Amerika oder Europa ausgebildet wurden, dort leben oder auch zwangsweise ihr Heimatland gegen ein anderes wechseln mussten. Chris Abani lebt seit 1991 nicht mehr in Nigeria, Sefi Atta wohnt seit 16 Jahren in den USA, Edem Awumey wählte Frankreich als seine Heimat, Ayaan Hirsi Ali flüchtete nach Holland und nur wenige der in Europa bekannten afrikanischen Autoren, die in ihrer Heimat leben, können sich in einem afrikanischen Land von Literatur ernähren.
Viele andere Autoren, die man mit Afrika in Verbindung bringt, haben nicht nur eine höhere Bildung als der durchschnittliche Afrikaner, wenn man dabei von Durchschnitt sprechen kann, sondern sie haben auch eine weiße Hautfarbe. Die besten Bespiele auf der Göteborger Buchmesse Bok & Bibliotek sind Nadine Gordimer, Lesley Beake, Mia Couto, Jay Heale oder der Cartoonist Jonathan Shapiro, die sicher alle einen bedeutenden Beitrag beim Kampf gegen Apartheidspolitik geleistet haben und die afrikanischer Literatur den Weg nach Europa und Amerika geöffnet haben, aber kann man hierbei von afrikanischer Identität sprechen?
Die Frage nach afrikanischer Literatur bei der Göteborger Buchmesse ist daher eine andere: Handelt es sich um Literatur über Afrika und seine Probleme oder um eine afrikanische Literatur, die auch von der Allgemeinheit in Afrika gelesen wird und sich dort nicht nur an eine Elite richtet. Und die nächste Frage ist, warum einer der in Afrika lebenden Poeten mir sagte „This is not my public.“, da die vollen Reihen in seinen Worten die Kunst suchten, nicht seine Aussage.
Copyright Text und Fotos: Herbert Kårlin
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen